Kren kurios beim „International Horseradish Festivals“

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Man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Oder aber man schafft einen Anlass, der Ausgelassenheit verspricht. So auch in Baiersdorf, wo man heuer am 20. September zum 13. Mal zu Beginn der Erntesaison dem Kren huldigt bzw. ihn verspeist. Besucher werden beim Krenmarkt vor allem eines: satt und zufrieden. Freilich ist Baiersdorf nicht die einzige Stadt, die den Genuss (und die ihn erst möglich machende Arbeit) zum festlichen Dreh- und Angelpunkt macht, wenn auch die einzige in Europa, die den Meerrettich ins Zentrum rückt. Doch während sich in Baiersdorfs malerischer Altstadt Krenbauern und Krenweiber freundlich die Hände schütteln, die frisch gekürte Meerrettichkönigin fröhlich ihr Wurzel-Zepter schwingt und sich die gesamte Besucherschaft friedlich auf die in den benachbarten Gaststätten und der eigenen Küche anbrechende Krensaison freut, stachelt die scharfe Wurzel Menschen in Übersee zu ganz anderen, man möchte fast sagen wunderlichen Dingen an…

Mit Essen spielt man nicht.

Mit Essen spielt man nicht.

An jedem ersten Juniwochenende erreicht Collinsville im US-Bundesstaat Illinois den Ausnahmezustand. Die Stadt liegt im größten Meerrettichanbaugebiet der USA und ist Austragungsort des „International Horseradish Festivals“, also des Internationalen Meerrettich Festivals. Klar, dass man sich im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ nicht mit einem einfachen Fest zufrieden geben. Da muss schon ein Festival her.

Eines mit einem eher gewöhnungsbedürftigen Programm. Denn der Meerrettich, so scheint es, ist in den USA nicht unbedingt nur zum Essen da. Und so spielt man in Collinsville tatsächlich Golf mit einer Krenwurzel, misst sich im Wurzelweitwurf oder schaut den hiesigen Krenbauern beim Wurzeleinpacken auf Zeit zu. Beim „Root Derby“ bauen Kinder aus Meerrettichwurzeln Seifenkisten. Feucht-Fröhlich wird es beim Bloody Mary Contest, wenn Ü-21-Besucher versuchen das Beste aus Vodka und Meerrettich herauszuholen. Und natürlich darf kein US-Festival ohne Schönheitswettbewerb zu Ende gehen: Kleine Mädchen treten deshalb bei der Wahl zur „Little Miss Horseradish“ an. Süß. Und auch ein bisschen schaurig.

Sollten wir beim nächsten Baiersdorfer Krenmarkt also auch alle im Schamel-Glas-Weitstoßen gegeneinander antreten? Die Wurzeln zum Golfen – oder besser– zum Baseball spielen nutzen? Die Meerrettichkönigin in einer Seifenkiste aus Krenwurzeln ins Rennen schicken und die Krenweiber zum Schönheitswettbewerb auf den Laufsteg? Zum Finale treten die Krenbauern dann im Kren-Sack-Hüpfen gegeneinander an…

Ein Spektakel wäre es wohl. Nur eines stört mich. Mit Essen spielt man nicht.