Mit Helm, Charme und Meerrettich

Eine Frau, ein Bike, ein großes Ziel – und ein Sponsor mit einem großen Herz für Ambition und Leidenschaft. Unsere Zutaten für eine echte Erfolgsstory: Seit dieser Wettkampfsaison sponsern wir die elffache Deutsche BMX-Meisterin Nadja Pries. Die Erlangerin bereitet sich gerade in den USA und in Argentinien auf Olympia 2020 vor.

BMX-Weltmeisterschaft 2009: Die Fahrer stehen auf dem Starthügel den Blick fokussiert auf die Strecke vor ihnen, die Hände fest am Griff ihres Bikes. Publikum und Sportler warten gespannt auf den Moment, in dem das Gate, das die Fahrräder an der Startlinie hält, herunterfährt und das Rennen beginnt. Doch das erlösende Signal bleibt aus. Unruhe macht sich breit. Plötzlich löst sich einer der Wettstreiter aus der Reihe. Der Start wird unterbrochen. Der Grund: Bei einem der sechs- oder siebenjährigen Knirpse hat sich die Blase gemeldet. Nadja Pries, damals Teilnehmerin der Klasse Girls 15, ist Zeugin der Szene und schmunzelt, als sie davon erzählt. Sie war etwa in diesem Alter, als sie das BMX-Fahren für sich entdeckte und kann sich noch gut an ihre eigenen ersten Rennerfahrungen erinnern.

In der Nähe des Elternhauses in Erlangen-Spardorf gibt es eine der wenigen BMX-Strecken in Deutschland. Sie und der große Bruder werden magisch davon angezogen. Die Eltern sind zunächst nicht begeistert von der Idee, dass ihre Sprösslinge sich für eine so gefährliche Sportart interessieren. Schwere Stürze und entsprechende Verletzungen gehören zur Tagesordnung. Doch die Kinder setzen sich durch. Nadja ist früh sehr ambitioniert, trainiert hart, um immer besser zu werden. Mit 15 betreibt sie den Sport auf Leistungsebene. Mit 19 steigt sie in die Profiliga ein.

Ohne die Unterstützung der Eltern, die sie auf zahllose BMX-Events begleiteten, wäre es für sie unmöglich gewesen, an Weltmeisterschaften und anderen internationalen Wettkämpfen teilzunehmen. Doch die sind Grundlage für ihren Erfolg, denn der BMX-Sport führt in Deutschland seit seiner kurzen Blüte in den 1980er-Jahren ein Schattendasein. Weibliche Konkurrenz gibt es in Deutschland kaum. Trotzdem gelingt es ihr 2016, weil sie über ihre WM-Platzierung genügend Punkte sammelte. Seit März 2019 ist sie wieder mittendrin in der Wettkampfsaison. Nadjas Ziel: eine Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020. Wieder ist sie viel unterwegs. Geht im September in Rock Hill in den USA beim UCI BMX Supercross World Cup an den Start. Genauso in Santiago del Estero in Argentinien.

Bis heute nimmt sich die Mutter regelmäßig frei, um mit ihrer Tochter gemeinsam zu reisen. „Ich bin froh, dass ich viel sehe und herumkomme, aber es ist auch stressig, wenn man aus dem Koffer lebt. Meine Mutter ist da eine wichtige mentale Stütze“, erzählt sie. Die Mutter ist auch dabei, als Nadja einen schweren Sturz erleidet. Bei einem Qualifikationsrennen in Argentinien 2016 streift sie eine Mitfahrerin so heftig, dass Pries bewusstlos zu Boden geht. Die Mutter muss tatenlos zusehen. Die Profisportlerin erzählt gelassen: „Der schlimmste Moment bei einem Sturz ist der Aufprall. Da war ich aber schon gar nicht mehr bei Bewusstsein.“

Deutlich schlimmer war für sie der Sturz im letzten Herbst, bei dem die Gabel brach. „Materialfehler sind immer eine unberechenbare Komponente. Die machen mir manchmal wirklich Angst. Den Rest kann ich kontrollieren“, erläutert Pries. Doch richtige Panik vor einem Rennen kennt die 25-Jährige nicht. „Man muss lernen vor dem Start alles auszuschalten.“ Physisch ist die zierliche junge Frau ihren Gegnerinnen oft unterlegen. Aber ihr starker Wille und ein feines taktisches Gespür machen einiges wett.

Ein Mental-Training gehört heutzutage zum Programm. Ihr Psychologiestudium, das sie parallel in Teilzeit absolviert, diene aber nicht dem Zweck, sich für die Rennen besser zu rüsten. Sie verfolge damit ein rein persönliches Interesse, um später etwas in der Hand zu haben, wenn sie für den Profisport zu alt sei. „Der Sport hilft mir aber definitiv im Studium“, erklärt sie. Denn durch ihn hat sie gelernt zielgerichtet und diszipliniert zu arbeiten und vor allem Prioritäten zu setzen. Die liegen aktuell noch beim BMX.

Drei Stunden täglich trainiert die junge Erlangerin im Schnitt in der Off-Season. Zwischen den Einheiten fährt sie in die Uni. Zum Trainingsplan gehört auch ein Ernährungsplan, den sie mindestens genauso akribisch verfolgt wie den Sport. Während ihrer Zeit bei der Bundeswehr macht sie eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin. „Man muss dem Körper zurückgeben, was er braucht,“ stellt sie fest. Als Athletin darf sie mehr essen, in der Regel isst sie sechsmal am Tag und achtet dabei auf eine perfekte Balance aller Mikro- und Makronährstoffe. Eine ausgewogene Ernährung ist ihr auch persönlich wichtig. Fastfood kommt nicht auf den Teller. Meistens: „Wenn ich ab und zu mal eine ganze Packung Eis esse, dann ist das so. Man darf sich auch mal was gönnen.“

Gerne würde das Energiebündel neben dem Sport noch arbeiten. Das lassen aber weder der strenge Trainingsplan noch das Studium zu. Doch die Qualifikationsrennen verschlingen hohe Kosten. Der Flug, das Hotel, die Startgebühr, die Ausrüstung – da kommt einiges zusammen. Staatliche Förderungen gibt es in der Nischenportart kaum. Daher sind Sponsoren enorm wichtig. Doch Nadja ist wählerisch.

Sie ist gerade gemeinsam mit ihrem Manager auf der Suche nach einem Hauptsponsor, als wir das Gespräch über eine mögliche Kooperation suchen. Sie ist sofort begeistert. Denn der Bezug zur Region, zu ihrer Heimat Erlangen und zu ihr persönlich ist ihr wichtig. „Es ist mehr als nur ein Vertrag“, betont die Fränkin. „Ich bin gerne Botschafterin für ein Produkt, das ich schon seit meiner Kindheit kenne und das ich selbst gerne esse.“ Sie sei sogar ein wenig stolz darauf, dass man sie mit ihrem Schamel-roten Helm sofort überall erkennt. Das Bekenntnis ist ehrlich und aufrichtig. Man merkt sofort: Hier hat zusammengefunden, was zusammengehört.