Die Potenziale neuer Wege aufzeigen

Matthias Schamel und Andreas Schöppl, seit August 2017 Geschäftsführer der Schamel Meerrettich GmbH und Co. KG, im Interview über die Herausforderung, den Vorsprung weiter auszubauen, ohne dabei die eigenen Wurzeln zu kappen.

Der Führungswechsel ist eine sensible Angelegenheit – besonders dann, wenn es um ein aus Tradition erfolgreiches Familienunternehmen geht. Er ist darüber hinaus eine Frage des Timings. Und so war der richtige Zeitpunkt nicht etwa vor oder in fünf Jahren, sondern im Sommer 2017. Im August letzten Jahres dankten die Brüder Hanns-Thomas und Hartmut Schamel nach fast 25 Jahren an der Spitze des marktführenden Meerrettichherstellers ab, machten Platz für die sechste Familiengeneration und sorgten für eine kleine Sensation. Mit Andreas Schöppl leitet neben Matthias Schamel nun erstmals ein externer Geschäftsführer die Geschicke des Unternehmens in Baiersdorf. Eine Revolution darf man, bei allem Ehrgeiz, aber nicht von den „Neuen“ erwarten. Stattdessen: Stringenz, eine verträgliche Evolution und ein klares Bekenntnis zu den eigenen Wurzeln, das nicht nur Tradition, sondern auch Zukunft sichert.

Herr Schamel, mit welchem Gefühl übernimmt man ein Familienunternehmen?

Matthias Schamel: Es gab nie diesen einen Moment der Übergabe. Der Übergang war lange geplant, ich konnte mich also sukzessive auf das vorbereiten, was nun Realität geworden ist. Ich betrachte es vor allem als große Chance, ein Familienunternehmen zu führen, das seit über 170 Jahren besteht, heute mehr denn je auf dem Markt etabliert ist und sich zu einer sehr starken Marke entwickelt hat. Natürlich birgt es eine große Verantwortung, das Unternehmen vor dem Hintergrund dieser Erfolge weiterzuführen und für die Mitarbeiter und Partner, aber auch die kommenden Generationen, bestmöglich aufzustellen. Natürlich spornt das auch an, und meine Motivation ist entsprechend hoch.

Bricht mit Ihnen nun eine sprichwörtliche neue Ära an?

Matthias Schamel: Wir werden sicher keine Revolution anzetteln, sondern arbeiten im Sinne der Familie und des Urgedankens der Marke Schamel weiter. Wir möchten unseren Kunden nach wie vor die beste am Markt erhältliche Meerrettich-Qualität bieten. Unsere Strategie ist dabei langfristig und generationenübergreifend orientiert. Kurzfristiges Gewinnmaximierungsdenken ist nicht unser Ding. Natürlich müssen wir mit der Zeit gehen und uns auf neue Bedürfnisse der Verbraucher einstellen. Auch wenn es gerade gut läuft, darf man den Zug der Zukunft nicht verpassen. Erfolg verführt zum Ausruhen, und wer stehenbleibt, verliert den Anschluss oder den Vorsprung, den er sich erarbeitet hat.

Auf den Zug gen Zukunft springen Sie nicht alleine auf. Wie leicht ist es Ihnen gefallen, sich die Geschäftsführung mit einem Externen zu teilen?

Matthias Schamel: Die Unternehmensführung verteilte sich vorher auch schon auf zwei Köpfe. Das Vier-Augen-Prinzip funktioniert für uns sehr gut. Es ist uns also im Sinne des Unternehmens nicht schwer gefallen, Andreas Schöppl zum Geschäftsführer zu berufen. Wir sind Sparrings Partner. Jeder hat seinen Aufgabenbereich, ist aber auch im Bereich des anderen involviert. Ganz so strikt wie in der Vorgängergeneration ist die Aufteilung unserer Verantwortungsbereiche nicht, wir ergänzen uns gut.

Sehen Sie das ähnlich, Herr Schöppl?

Andreas Schöppl: Wir haben die Entscheidung gemeinsam mit der Vorgängergeneration getroffen. Wir alle stehen dazu und betrachten sie als die sinnvollste Lösung. Für diesen Moment. Natürlich kann es sein, dass in der nächsten Generation wieder zweimal Schamel an der Spitze des Unternehmens steht. Für mich ist es natürlich eine große Ehre und gleichzeitig eine große Herausforderung, der erste Geschäftsführer im Unternehmen zu sein, der nicht den Namen Schamel trägt. Doch wir haben eine ähnliche Denkweise, einen gemeinsamen strategischen Auftrag und gemeinsame Ideen. Ein Name ist nebensächlich, wenn man auf der gleichen Spur ist.

Und doch bringen Sie unweigerlich eine neue Perspektive mit ins Unternehmen …

Andreas Schöppl: Ich habe in anderen Unternehmen gearbeitet, habe andere Erfahrungen gesammelt, und das sehe ich als großen Vorteil. Natürlich werden meine Ideen auch mal kontrovers diskutiert, werden umgesetzt oder eben auch nicht. Das Entscheidende ist, dass wir mit gleicher Zunge sprechen – und das gelingt uns sehr gut.

Matthias Schamel: Ich finde auch, dass wir eine sehr konstruktive Diskussionskultur haben. Man muss diskutieren, Dinge abwägen, für seine Ansichten kämpfen, und dazu braucht man ein Gegenüber mit einer starken und fundierten Meinung, an dem man sich messen kann. Am Ende fällen wir aber immer Entscheidungen, die alle gleichberechtigt mittragen können.

Also keine Umwälzung von außen?

Andreas Schöppl: Nein, im Gegenteil, es wurde ja auch schon so vieles richtig gemacht. Wir sehen zum Beispiel weiterhin den absoluten Produktionsstandort in Deutschland und bekennen uns verbindlich zu Baiersdorf.

Im Produktdesign dagegen gehen Sie bereits neue Wege…

Matthias Schamel: Wir sind innovativ und wollen auch zunehmend jüngere Zielgruppen ansprechen. Wir entwickeln uns also weiter – im Kern verändern wir uns aber nicht. Unsere Werte und Ansprüche bleiben. Die Weiterentwicklung muss auf den Markenkern einzahlen. Die Auftrittsveränderung unseres Raspelstix® steht zum Beispiel nicht symbolisch für den Generationenwechsel. Es war ein Projekt der beiden Geschäftsführergenerationen, also ein gemeinsamer Schritt in Richtung Zukunft.

Wie wichtig ist für Sie weiterhin die Vorgängergeneration?

Matthias Schamel: Wir haben ihr vollstes Vertrauen und den Spielraum, den wir brauchen. Mein Vater und mein Onkel haben sich zurückgezogen in aller Konsequenz. Natürlich stehen

sie uns in der Rolle der Gesellschafter auch weiterhin bei Bedarf beratend zur Seite, und das freut uns sehr. Es ist gut, zu wissen, dass man sich auch in Zukunft die Meinung der Vorgänger einholen kann.

Herr Schöppl, welches Potenzial sehen Sie im Meerrettich?

Andreas Schöppl: Entscheidend für die Zukunft des Produkts Meerrettich ist seine gute Qualität. Denn nur dann schmeckt es. Wir gehen bei der Qualität keine Kompromisse ein, sonst würden wir riskieren, dass jüngere Generationen Meerrettich beim Erstkontakt womöglich ablehnen. Für Schamel ist die Qualität deshalb nicht verhandelbar.

Matthias Schamel: Natürlich machen wir in erster Linie Meerrettich-Feinkost. Genuss und Kulinarik sind schließlich unsere Kernkompetenzen. Wir geben dem Verbraucher mit dem Bayerischen Meerrettich aber nicht nur ein hochwertiges und zudem regionales Produkt an die Hand – wir zeigen auch, welche Potenziale Meerrettich hat und betonen die Vielfalt seiner kulinarischen Möglichkeiten. Mit seinen Aromen und gesunden Eigenschaften gehört er für uns längst zur modernen Esskultur dazu. Natürlich arbeiten wir auch stetig an neuen Verwendungszwecken und Absatzmöglichkeiten für die scharfe Wurzel.

Welche Herausforderungen birgt aus Ihrer Sicht dieser Generationenwechsel?

Matthias Schamel: Es ist ganz wichtig, dass man bei einem solchen Prozess alle Beteiligten an die Hand nimmt. Besonders den Mitarbeitern muss man aufzeigen, dass und vor allem wie es weitergeht – auch, dass sich vielleicht manches verändern wird. Dafür muss man Vertrauen und Verständnis schaffen, neue Wege erörtern und dazu motivieren, diese gemeinsam zu gehen. Natürlich trifft man hier und da auf gelernte Widerstände – „das haben wir aber doch schon immer so gemacht!“ Diese versuchen wir zu entkräften, indem wir die Potenziale neuer Wege aufzeigen.

Andreas Schöppl: Viele haben die Art und Weise, wie der Generationenwechsel vollzogen wurde, gelobt. Vor allem die Entscheidung der beiden Senior-Chefs, den Übergang zu einem Zeitpunkt einzuleiten, der vom Alter her sehr passend ist. Wir gehen jetzt natürlich mit großen Zielen in die Zukunft. Wer einer erfolgreichen Generation nachfolgt, hat nicht nur die Aufgabe, die Dinge gleichbleibend fortzuführen. Vielleicht ist es uns auch vergönnt, ein bisschen was noch besser machen zu dürfen.

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